5 Verhandlungstaktiken von Einkäufern, auf die Sie als Verkäufer nicht reinfallen sollten

  • 24. Juli 2023

So müssen Sie sich zum Beispiel nicht nur um die Beziehung zu Ihrem Verhandlungspartner kümmern, sondern auch um dessen Absichten, die Ziele seiner Firma, seine Persönlichkeit sowie die Geschichte Ihrer Geschäftsbeziehung. Im Verhandlungsprozess sind Sie gleichzeitig aber auch mit Ihren Zielen und Absichten und auch mit der eigenen Person beschäftigt.

Haben Sie mitgezählt? Das sind schon fünf Ebenen. Letztlich ist eine Verhandlung und damit auch die zwischenmenschliche Kommunikation so vielschichtig, dass selbst Psychologen auf Erklärungsmodelle zurückgreifen müssen.

Verhandlungstaktiken von Einkäufern erkennen und als Verkäufer richtig reagieren

Geschulte Einkäufer wissen das natürlich. Und immer wieder wird ihnen bei Fortbildungsveranstaltungen oder im Rahmen von innerbetrieblichen Schulungen „eingeimpft“, wie wichtig es ist, in Verhandlungen auf dieser Klaviatur herumzureiten – und dabei die folgenden 5 Taktiken einzusetzen.

1. Verhandlungstaktik “Aktiv sein”:

Gewiefte Einkäufer handeln bei dieser Taktik nach dem Motto: „Wer agiert – führt und gewinnt!“ Das aber können Sie als Verkäufer natürlich nicht einfach zulassen.

Deshalb müssen Sie auf folgende Aktionen des Einkäufers achten, um diese Taktik zu identifizieren:

  • Der Einkäufer versucht von Beginn der Verhandlung an das Ruder zu übernehmen. Er agiert, indem er fordert, fragt, präsentiert oder schweigt. Dabei handelt er meist nach dem Motto: „Besonders Fordern ist sehr hilfreich.“ So hat er es schließlich in unzähligen Schulungen gelernt. Ganz nach dem Motto: „Ausdauernd immer wieder dieselbe Forderung zu stellen, unabhängig davon, was die Gegenseite Ihnen anbietet, verunsichert in den meisten Fällen Ihren Verhandlungspartner.“
  • Sie als Verkäufer wissen: Der Einkäufer möchte Sie verunsichern, weil er weiß, dass Unsicherheit automatisch in die Defensive führt. Doch Sie können auf diese Vorgehensweise geschickt reagieren:

Ihre Reaktion

Wenn der Einkäufer wiederholt die gleiche Forderung aufstellt, unabhängig davon, was Sie bereits (an-)geboten haben, unterbrechen Sie dieses muntere Spielchen, indem Sie zusammenfassen und in die Offensive übergehen:

  • „Ich habe Ihnen auf Ihre Forderung hin in den letzten 10 Minuten diese 3 Gegenangebote gemacht. Diese haben Sie ausgeschlagen. Einmal mit der Begründung dass …, dann wieder mit der Begründung, dass … Offensichtlich habe ich noch nicht ganz verstanden, worum es Ihnen wirklich gehrt, und bitte Sie, mir einmal genau darzulegen, was Sie konkret möchten. Bitte so detailliert wie möglich, damit wir wieder eine gemeinsame Gesprächsbasis finden.“

Achtung

Einkäufer setzen auch sehr gerne Schweigen als Druckmittel ein. Auch hiermit soll Druck aufgebaut werden. Viele Menschen können Schweigen nämlich schlecht aushalten.

Auch hier gilt die Devise: Drehen Sie den Spieß um. Fassen Sie in das Schweigen hinein das bisher Gesagte beziehungsweise Besprochene zusammen und enden Sie mit einer (offenen) Frage.

Beispielsweise: „Welche Punkte sind hierbei am wichtigsten?“ Auf die Antwort sind Sie es, der zunächst einmal schweigt. Schon haben Sie den Spieß umgedreht!

Merke

Viele Menschen streben den kurzfristigen Triumph an, d. h., sie wollen auf Biegen und Brechen ein Erfolgserlebnis für sich selbst und die Firma, und zwar jetzt und sofort. Hinzu kommt das Gefühl, klug taktiert und verhandelt zu haben. Mit seinem Verhalten will der Einkäufer Sie in diese Ecke drängen.

Sie halten Schweigen nicht aus oder geben Forderungen nach, nur weil sie oft genug gestellt wurden – und ärgern sich am Ende schwarz über sich selber. Wie gut, dass Sie sich mit Ihrer geschickten Gegenstrategie jetzt nie mehr in diese Ecke drängen lassen!

2. Verhandlungstaktik “Die Taktik des Mutes“:

Ganz nach dem Motto „Den Mutigen gehört die Welt!“ handelt der Einkäufer hier. Er weiß: Ängstlichkeit und ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis sind Gift für jede Verhandlung.

Vielen Menschen sind Konflikte, und seien sie noch so klein, unangenehm. Sie geben um des lieben Friedens willen lieber nach. Das funktioniert auch – oder gerade – beim Verhandeln. Denn hier ist es manchmal wie beim Boxen. Der Einkäufer will Sie als seinen „Gegner“ in der Ecke festnageln – und da auch nicht mehr rauskommen lassen.

Sie können diese Taktik meist daran identifizieren, dass der Einkäufer immer wieder versucht, Druck aufzubauen.

  • „Nun kommen Sie schon …“,
  • „Nun bewegen Sie sich doch …“

Oder auch mit überraschenden Wendungen versucht, Sie in den K.o. zu zwingen.

  • „Wenn Sie jetzt … dann … Das müssen Sie einfach machen … “

Auf diese Taktik reagieren Sie am besten, indem Sie – ähnlich wie bei Taktik 1 – ganz ruhig bleiben und mit Gegenfragen antworten oder durch Schweigen den Schlag ins Leere laufen lassen.

  • „Bevor ich mich in diesem Punkt bewegen kann, habe ich noch eine Frage. Sie haben gesagt, dass … Verstehe ich richtig, dass …?“

Lassen Sie dem Einkäufer ruhig das Gefühl, dass er Sie in die Ecke zwingen kann. Doch immer wenn er meint, dass er Sie drin hat, kommen Sie so auf elegante Art und Weise wieder heraus. Das zermürbt ihn – und schließlich können Sie sich beide wieder auf das Wesentliche konzentrieren. Punkt, Satz und Sieg für Sie!

3. Verhandlungstaktik: “Das Ausnutzen der psychologische Mechanismen”

Einkäufer, die diese Taktik einsetzen, wissen: Der beim Menschen am besten funktionierende Mechanismus ist der Fluchtmechanismus. Dabei geht es um das Vermeidungsverhalten des Menschen. Alles, was uns unangenehm ist, Angst macht oder Schmerzen bereitet, möchten wir möglichst schnell beenden.

Vielleicht haben Sie das ja sogar schon einmal an sich selbst beobachtet: Aus als unangenehm empfundenen Situationen entziehen sich Einkäufer wie Verkäufer gerne durch Zugeständnisse an die jeweilige Gegenseite.

Für den Einkäufer heißt das: Wenn er merkt, dass Sie sich nicht wohl fühlen in Ihrer Haut, wird er versuchen, die Zeitdauer der Verhandlung auszudehnen. Der Fluchtmechanismus, so seine Hoffnung, wird dann den Rest zu seinen Gunsten erledigen.

Ihre Gegentaktik

Wenn Sie bemerken, dass Sie sich zunehmend unwohl fühlen, fassen Sie für sich in Gedanken einmal zusammen:

  • „Was ist im Laufe dieses Gesprächs/dieser Verhandlung passiert, weshalb ich mich immer unwohler fühle? Was hat der der Einkäufer/ mein Verhandlungs„gegner“ getan, um mich in diese Situation zu bringen?“

Wenn Sie tatsächlich merken: “Hier wird darauf spekuliert, dass meine Fluchtreflexe greifen” (sprich: dass Sie Zugeständnisse machen, nur um „heil“ aus der Situation herauszukommen), können Sie – je nach persönlichem Gusto – zum Gegenangriff übergehen:

  • „Sie haben im Laufe der letzten halben Stunde das getan, das getan … Sie können sich vorstellen, dass sich da jeder andere nicht besonders wohlfühlen würde. Nun gehöre ich glücklicherweise nicht zu den Menschen, die ausgeprägte Fluchtreflexe besitzen. Im Gegenteil. Jede Herausforderung, so mein Motto, ist eine Chance. Deshalb hier mein Gegenvorschlag … Was bewegt Sie, diesen Gegenvorschlag nicht anzunehmen?“

Wenn Sie so vorgehen, ist plötzlich der Einkäufer am Zug! Sie haben ihm geschildert, dass Sie sein Verhalten durchschaut haben. Sie haben ihm deutlich gemacht: „Mit mir nicht!“ Sie sind in die Offensive gegangen – und konfrontieren den Einkäufer gleich mit der Behauptung:

  • „Dieses Angebot ist gut, das wissen Sie … Ich weiß, dass Sie es sowieso wieder ablehnen werden – dann aber bitte die Karten auf den Tisch.“

Ich kenne Verkäufer, die am Ende der (für beide Seiten letztendlich zufriedenstellenden) Verhandlung vom Einkäufer zu hören bekamen: „Sie sind ein harter Hund!“ Das aber war nicht böse, sondern als ehrliches Kompliment gemeint!

4. Verhandlungstaktik: “Sie Argumente überschätzen lassen”

Für jedes Argument gibt es mindestens ein Gegenargument. In einem Gerichtsprozess sind Argumente hilfreich, weil dort eine dritte Partei, und zwar der Richter, über den Wert der Argumente entscheidet. Anders als vor Gericht entscheidet Ihr Verhandlungspartner selbst darüber, ob ihn Ihr Argument überzeugt oder nicht.

Das gilt für Sie als Verkäufer. Das gilt für den Einkäufer aber genauso. Selbst wenn Sie Recht haben mit Ihrem Argument, nutzt es Ihnen nichts, wenn Ihr Gesprächspartner dies anders sieht. Er entscheidet völlig autonom, auf seine Sichtweise haben Sie keinen Einfluss.

Beachten Sie

Beim Argumentieren steht die Wahrheit im Vordergrund, beim Gespräch geht es um die Zielerreichung. Völlig nutzlos sind Argumente natürlich auch nicht. Und das weiß der Einkäufer: Durch das Argumentieren kann er Verhandlungen prima in die Länge ziehen.

Damit will er sie ermüden. Denn er weiß, dass ermüdete Verhandlungspartner schneller Zugeständnisse machen als ausgeruhte.

Vorsicht

Vor allem wenn Sie Einkäufer gegenüberhaben, die besonders stark den Eindruck erwecken, als seien sie auf der Suche nach der Wahrheit, und die immer wieder nach Argumenten fragen, können Sie davon ausgehen, dass diese Taktik des Ermüdens gerade zum Einsatz kommt.

Ihre Gegenstrategie: Nehmen Sie ein Blatt Papier oder nutzen Sie ein im Raum stehendes Flip-Chart und schreiben Sie die bereits gegebenen Argumente stichwortartig auf. Das macht ewiges Nachfragen immer schwerer!

5. Verhandlungstaktik: “Sie größer machen”

Dieser psychologische Mechanismus wird von Einkäufern liebend gern eingesetzt. Hintergrund: Die meisten Menschen sind nicht nur ängstlich, sondern gleichzeitig süchtig nach Aufmerksamkeit und Anerkennung.

Auch wenn es im Grunde genommen eine Frechheit, da Unterschätzung Ihrer Persönlichkeit ist: Der Einkäufer, der diese Taktik anwendet, geht erst einmal davon aus, dass Sie zu dieser Gruppe gehören.

Er hofft, zum „Dealer“ zu werden, indem er Ihnen als Gesprächspartner gibt, was Sie so dringend benötigen. Achtung: Viele Verkäufer reden gerne und haben ein großes Bedürfnis, sich und ihre Firma positiv darzustellen.

Einkäufer aber wissen

Damit entsteht der Eindruck, dass der Verkäufer durch Wortgewandtheit Dominanz ausüben will – und bereitem ihm dann auch noch diese Freude. Sie wissen: Je größer die Freude bei ihm ist, desto eher wird er ihn, den großen Einkäufer, unterschätzen und sein Verhandlungsziel aus den Augen verlieren.

Der Verkäufer wird sich im Sturm der positiven Gefühle ihm gegenüber überlegen fühlen und damit an Entschlossenheit verlieren. Mehr noch: Häufig werden die Verkäufer in dieser Situation auch nachlässiger. Ganz nach dem Motto: Was bedeutet schon ein Zugeständnis an Sie, wenn er in persönlicher Hochstimmung ist – zumal er dieses Zugeständnis nicht selbst bezahlen muss, sondern seine Firma.

Deshalb: Halten Sie sich an die bewährte Regel: „Wer fragt, führt“ – und vermeiden Sie es, allzu sehr über sich und Ihr Unternehmen zu sprechen. Es geht bei dem Termin einzig und allein darum, einen für beide Seiten akzeptablen Abschluss zu finden. Werden Sie umschmeichelt und umgarnt – bringen Sie das Gespräch mit einem kurzen „Danke für das Kompliment“ zurück auf den eigentlichen Punkt!

Fazit: Genau wie Sie als Verkäufer hat der Einkäufer einen Fundus an Verhandlungstricks. Es macht ja auch Spaß, diese auszuprobieren. Spielen Sie ruhig mit – aber ziehen Sie rechtzeitig die Reißleine!

Quelle: wirtschaftswissen.de

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